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Darmgesundheit

Das Darmmikrobiom – mehr als ein Sichthindernis bei der Darmspiegelung


Die Hauptkontaktflächen des Körpers mit der Umwelt sind weder die Haut noch die Schleimhäute des Atemtraktes, sondern der Darm. Durch Auffaltungen bedingt vergrößert sich die resorptionsfähige Oberfläche des Darms auf 300-500 m2 und bietet so viel Platz für verschiedene Mikroorganismen, unsere freundlichen Mitbewohner. Seit 2007 wird das Darmmikrobiom intensiver erforscht.

Ca. 500-600 Bakterienarten besiedeln die unterschiedlichen Darmabschnitte, die je nach Sauerstoffgehalt, unterschiedliche Milieus anbieten. Hefen und Schimmelpilze gehören beim gesunden Menschen nur zeitweilig zur Darmflora (passagere Darmflora). Sie stammen überwiegend aus der Umwelt und von Lebensmitteln. Hefen und Schimmelpilze stehen heute in der biologischen Systematik an der Basis der Tiere, in den 90er Jahren wurden sie noch dem Pflanzenreich zugeordnet. In geringer Anzahl sind sie tolerierbar. Jeder Mensch besitzt das 10-fache an Darmbakterien im Vergleich zur Anzahl der körpereigenen Zellen.

Der Mensch ist weniger ein Einzelwesen, wir beherbergen eineWohngemeinschaft bestehend aus Mikroorganismen!

 

Die Darmschleimhaut – Teil der Immunabwehr

Die intakte Barrierefunktion der Darmschleimhaut verhindert nicht nur dasEindringen von Krankheitserregen. Es spielt eine große Rolle bei der Abwehr von Antigenen und Toxinen. Im Darm findet der intensivste Kontakt mit Fremdstoffen statt. Unser Immunsystem ist zu ca. 80% im Darm angesiedelt. Hier werden unsere Immunzellen (Abwehrzellen) mit vielen verschiedene Mikroorganismen konfrontiert. Zellen des Immunsystems und unsere freundlichen Mitbewohner arbeiten eng zusammen. Sie bilden ein Team, das zu unserer Gesundheit beiträgt. Unter anderem lernen die Immunzellen, die für uns nützlichen Bakterien der Darmschleimhaut hier an ihrem Standort kennen und sie zu tolerieren. Treffen unsere Abwehrzellen bekannte Mikroorganismen, die sich außerhalb der Darmflora aufhalten, werden sie bekämpft, ebenso wie krankmachende Keime werden sie dann als Feinde angesehen. Diese Kooperation hat noch viele weitere Vorteile. Zum darmständigen Immunsystem gehören die sog. PEYERschen Plaques. Hier gibt es spezielle Immunzellen (M-Zellen), die auf “Wanderschaft” gehen können. Das bedeutet, dass die Schleimhäute des Körpers immunologisch vernetzt sind und so untereinander kommunizieren. Dies ist therapeutisch von großer Bedeutung. Es ist u.a. auch ein Erklärungsansatz, weshalb Symptome weit weg vom Ort der Ursache auftreten können. Der Darm bildet also eine leistungsstarke Schutzbarriere zwischen unserem Inneren und der Umwelt. Eine Schädigung dieser Barrierefunktion – Leaky- Gut Syndrom (durchlässiger Darm) - kann zu einem vermehrten Übertritt von antigen wirkenden Substanzen, wie z. B. Bakterientoxinen oder unvollständig aufgearbeiteten Nahrungsbestandteilen, führen. In Folge können  unterschiedliche Beschwerdebilder/Krankheiten sowie Nahrungsmittelunverträglichkeiten ausgelöst oder unterhalten werden.

 

Zöliakie, Allergien und Unverträglichkeiten

Es sollte unterschieden werden zwischen einer “echten” Allergie und Unverträglichkeiten (Pseudoallergien/ Intoleranzen) auf Lebensmittel, auch als nichtallergische Hypersensitivität bekannt. Unverträglichkeiten hängen stark von der Dosis des Auslösers ab. Hierzu zählt eine Glutenunverträglichkeit, die klar von der Zöliakie zu trennen ist. Ein weiteres Beispiel ist die Fruktoseintoleranz: aus dem Darm wird dieser Fruchtzucker über ein Transporteiweiß ins Blut geschleust. Jeder Mensch verträgt nur eine begrenzte Menge Fruktose, da die Menge, die befördert werden kann, begrenzt ist. Funktioniert diese “Fruktoseschleuse” nur noch sehr eingeschränkt, so leiden wir dosisabhängig unter Beschwerden wie Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall. Wir haben heute ein sehr hohes Fruktoseangebot durch die vielen exotischen Früchte im Handel und als Zusatz in Konserven und anderen Fertigprodukten. Ein Blick auf die Zutatenliste lohnt sich. Die Pathomechanismen der Unverträglichkeiten sind noch unzureichend geklärt und Gegenstand der Forschung. Als Auslöser werden sog. biogene Amine kontrovers diskutiert. Hierzu zählt neben Anderen das Histamin. Bei Menschen, die Histamin langsamer oder unvollständig abbauen können, wird ein Mangel oder Defekt des Histamin-abbauenden Enzyms Diaminooxidase (DAO) angenommen. DAO ist auch für den Abbau anderer biogener Amine zuständig. Eine Histaminunverträglichkeit tritt selten allein auf.

Eine Laktoseunverträglichkeit ist in ganz seltenen Fällen angeboren. Sobald wir der Kindheit entwachsen sind, lässt jedoch die Aktivität des Laktose-abbauenden Enzyms Laktase im Dünndarm nach. Dies ist normal! In Regionen, in denen aber weiterhin neben fermentierten (vergorenen) Milchprodukten viele nicht-fermentierte Milchprodukte konsumiert wurden, haben wir uns teilweise angepasst. Das heißt, dass wir Milch und Milchprodukte vertragen, da unsere Laktase weiterhin funktioniert und ausreichend gebildet wird. Ist allerdings unsere Darmschleimhaut irritiert oder geschädigt, kann sich eine Laktoseintoleranz entwickeln.

Eine weitere Form der Nahrungsmittelunverträglichkeit zeigt sich zeitversetzt. Die Zeitverzögerung lässt sich an der gestörten Barrierefunktion der Darmschleimhaut festmachen. Es gelangen Nahrungsmittelbestandteile ins Blut und rufen u.a. Immunreaktionen hervor. Es vergehen oft Stunden bis Tage, ehe Symptome auftreten. Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind gut zu behandeln und die Darmgesundheit wiederherstellbar.

Bei der Zöliakie handelt es sich nicht um eine Allergie oder Unverträglichkeit. Hier sieht das Immunsystem Gluten als “Feind”. Infolgedessen tritt eine Reaktion auf, die mit Entzündung der Darmschleimhaut einhergeht. Bei der echten Zöliakie muss lebenslang auf Gluten verzichtet werden. Eine entzündete Darmschleimhaut kann wiederum ihre Barrierefunktion nicht wahrnehmen.

Einer echten Allergie liegen andere Mechanismen zugrunde. Hier kommt es nach wiederholtem Kontakt mit dem allergieauslösenden Nahrungsmittel – z.B. Erdnüsse, Schalentiere oder Milcheiweiß (nicht mit dem Milchzucker Laktose) zu einer sog.Antigen-Antikörperreaktion. Es handelt sich um eine sog. IgE (Antikörperklasse) vermittelte Reaktion, die unmittelbar zu spüren ist. Es kann ein Kribbeln und Brennen der Mundschleimhaut beobachtet werden bis hin zum Anschwellen der Schleimhäute. Dies geht häufig mit Atemnot einher und kann zum allergischen Schock (Anaphylaxie) führen. Auf diesem Mechanismus beruhen auch die „Kreuzallergien“ auf bestimmte Nahrungsmittel bei Pollenallergikern. Der „Vorteil“ bei dieser Allergieform: Wir merken sehr schnell was wir meiden müssen. Wer das berücksichtigt und ggf. ein Notfallmittel dabei hat, braucht keine Angst vor Schockreaktionen zu haben.

Unser Bauchhirn - das Enterische Nervensystem

Unser Darm besitzt ein bedeutsames Nervensystem. Dieses sogenannte Enterische Nervensystem (ENS/Bauchhirn) ist ein komplexes Geflecht von über 100 Millionen Nervenzellen (Neuronen). Viele Störungen im Magen- Darm Trakt sind mit Fehlfunktionen im ENS assoziiert oder sogar ihre Ursache. Das betrifft entzündliche, strukturelle und funktionelle Erkrankungen. Das ENS hat viele unterschiedliche Aufgaben. Es überwacht und reguliert u.a. immunologische Funktionen, reagiert auf hormonelle Signale, kommuniziert mit Immunzellen und unseren Darmbakterien. Es ist mitverantwortlich für die Weiterleitung der Speisen durch unseren Verdauungstrakt u.v.m. Es sendet unseremGehirn ständig Informationen über den Zustand in unserem Verdauungssystems und damit direkt und indirekt über weitere Regelkreise.
Zelltypen, Botenstoffe und Rezeptoren sind nahezu identisch mit denen unseres Kopfhirns. Das nahezu identische Repertoire an Rezeptoren und Signalmolekülen erklärt, warum Psychopharmaka für den “Kopf “auch auf den Darm wirken. Ebenso sind körpereigene Substanzen als Pharmaka (Medikamente) in Diskussion. Tatsächlich sind die Beziehungen zwischen ENS und unserem Gehirn sehr eng.

Symptom: Reizdarm

Untersucht wird zunehmend das Phänomen Reizdarm. Hier zeigen sich häufig Symptome ohne organischen Befund. Da das Reizdarmsyndrom oft mit Depressionen oder Angstzuständen einhergeht, wird der betroffene Mensch oftmals in die “Psychoecke” gestellt. Bekannt ist, dass Stress und Ärger Reizdarmbeschwerden auslösen oder verschlimmern können. Beim Reizdarmsyndrom könnte es sich um eine neuronale Fehlfunktion des Bauchhirns handeln oder die Signalweiterleitung zwischen Bauch- und Gehirn ist gestört. Studien zeigen, dass negative Gefühle auch über eine gestörte Darm-Hirn-Achse entstehen können. Hier setzen neuere Forschungen Schwerpunkte. Kleinste Entzündungen (Mikro-Entzündungen), die der schulmedizinischen Diagnostik noch nicht zugänglich sind, können ebenso mitverantwortlich sein wie ein irritiertes Darmmikrobiom oder unentdeckte Nahrungsmittelunverträglichkeiten.


Es gibt reichlich Dinge, die ein gesundes Darmmilieu negativ beeinflussen können: u.a. “ungesunde” Ernährungsgewohnheiten und Lebensmittel, Konservierungs- und Zusatzstoffe, Abführmittel, Cortison, Antibiotika und andere Medikamente, z.B. die,die das Histamin-abbauende Enzym DAO hemmen.


Dieser Hinweis sollte auf keinen Fall dazu anregen, verordnete Medikamente einfach abzusetzen.
Fazit: Ist das Darmmilieu gestört wird der Mensch krank. Ebenso können länger anhaltende Krankheiten das Milieu aus dem Gleichgewicht bringen.
Folgende Beschwerden können ausgelöst oder unterhalten werden:

Selbst Autoimmunerkrankungen, wie z.B. „Hashimoto“ werden heute im Zusammenhang mit einer gestörten Darmgesundheit diskutiert.